Raumnutzung

Die bisherigen radiotelemetrischen Untersuchungen sowohl auf tschechischer als auch auf deutscher Seite zeigen einen Ausschnitt aus dem Leben der sonst so heimlichen und unsichtbaren großen Katzen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Raumnutzung der Tiere.
Die Beantwortung der folgenden Fragen sind für den zukünftigen Umgang mit der Luchspopulation wichtig:

  • Wie sieht die soziale Organisation der hiesigen Population aus?
  • Wieviel Platz brauchen Luchse, und wie mobil sind sie?
  • Wie reproduktiv ist unsere Population?
  • Wandern überlebende Jungtiere ab, und wenn ja, wie nutzen sie dabei ihren Lebensraum?

Wohngebiete territorialer Luchse

In den Jahren 2001 und 2002 konzentrierte sich die telemetrische Forschung auf vier erwachsene Luchse im Grenzgebiet. Das Weibchen Andra war zum Zeitpunkt ihres Fangs Ende 2000 wohl noch nicht territorial. Im Jahr 2001 unternahm sie häufig Ausflüge nach Nordosten, die sie bis weit nach Tschechien führten. 2002 hingegen blieb sie standorttreu und bewegte sich hauptsächlich zwischen Großem Arber und Kötzting. Hinweise deuten darauf hin, dass in Andras Gebiet ein weiteres Tier, vermutlich ein Kuder, unterwegs war. 

Karte zu den Verbreitungsgebieten der Luchse Beran und Bert.

Karte zu den Verbreitungsgebieten der Luchse Beran und Bert.

Beide hatten große Reviere – Berans Revier umfasste fast 400 km² – und waren vermutlich Nachbarn. Im angrenzenden Böhmen schloss sich das Revier des Kuders Bert an, der im Frühjahr 2001 von tschechischen Kollegen besendert wurde.

Auch in den Gebieten der beobachteten Männchen gab es Spuren weiterer Luchse. So konnten im Winter 2002/2003 durch intensive Überwachung mindestens zwei Weibchen in Berans Revier nachgewiesen werden – eines auf deutscher und eines auf tschechischer Seite. Diese Funde zeigen, wie dynamisch und komplex das Sozialgefüge der Luchse in der Region ist.

Wie Wohngebiete sich ändern können

 

Anfang Januar 2003 wurde der Luchskuder Bert in Tschechien erschossen. Nur zehn Tage später drang sein Nachbar Don in das verwaiste Revier vor – und übernahm es vollständig. Bemerkenswert ist, dass Don danach nie wieder in seinem ursprünglichen Revier geortet wurde. Dieses Verhalten zeigt, wie flexibel und anpassungsfähig Luchse auf Veränderungen in ihrem Umfeld reagieren können.

 

Abwanderung Dons nach dem Tod von Bert.

Übernahme eines freiwerdenden Luchsrevieres.

Ein möglicher Grund für die Attraktivität von Berts ehemaligem Revier könnte der hohe Anteil an Wald-Feld-Grenzen sein, die ideale Lebensbedingungen für Rehe, die Hauptbeute der Luchse, bieten. Auch der Luchs Beran reagierte auf Dons „Verschwinden“ und erkundete Dons altes Territorium. Eine vollständige Übernahme fand jedoch nicht statt, da Beran in seinem angestammten Revier verblieb. Dieses Verhalten verdeutlicht, wie stark Luchse an ihre Reviere gebunden sind, auch wenn sie auf Veränderungen in der Umgebung flexibel reagieren.

Ungestörte Fortpflanzung

Im Jahr 2002 änderte Andra ihr Verhalten deutlich im Vergleich zum Vorjahr. Während sie 2001 ihr Revier das ganze Jahr über recht gleichmäßig nutzte und dabei auch weite Ausflüge nach Tschechien unternahm, zeigte sich 2002 ein anderes Muster. Von Januar bis Mai konzentrierte sich ihre Aktivität zunehmend auf ein immer kleineres Gebiet.

Diese Veränderung lässt vermuten, dass sich Andras Lebensumstände oder Umweltfaktoren geändert haben könnten. Ihr Verhalten könnte auch im Zusammenhang mit der Anwesenheit von Chica stehen, die in dieser Zeit in ihr Revier vordrang.

Andras bevorzugte Gebiete im Frühjahr.

Andras bevorzugte Gebiete im Frühjahr.

Im Juli 2002 begann Andra, ihr Revier wieder auszuweiten – ein klares Zeichen dafür, dass sie in diesem Jahr Nachwuchs hatte. Um sie nicht zu stören, wurde das vermutete Wurfgebiet während dieser Zeit bewusst nicht betreten. Erst im August, als Andra längst in einem anderen Bereich unterwegs war, suchte man das Gebiet ab und entdeckte schließlich ihre vermutliche Wurfhöhle.

Wie viele Junge Andra großgezogen hat, bleibt jedoch ungewiss. Anfang Oktober 2002 verstummte schließlich ihr Sendesignal, und von Andra fehlt seither jede Spur. Im Gebiet wurden später noch zweimal Jungtiere gesichtet, doch über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt.

Andras bevorzugte Gebiete im Sommer.

Andras bevorzugte Gebiete im Sommer.

Chicas Geschichte: Ein junges Weibchen wandert gen Westen

Wanderung von Chica vom Arber bis nach Roding.
Zwei Jungluchse stehen auf einem Felsen.

Chica, ein junges Luchsweibchen, wurde Ende Januar 2002 mit einem Sender ausgestattet. Zunächst blieb sie noch etwa einen Monat bei ihrer Mutter, die vermutlich eine Nachbarin der Luchsin Andra war.

Anfang März begann Chica ihre Wanderung nach Westen und drang in Andras Revier vor. Meist hielt sie sich in Waldrandnähe auf, wobei ihre Beute ausschließlich aus Hasen bestand. Ein direktes Zusammentreffen mit Andra konnte zwar nicht nachgewiesen werden, aber möglicherweise hat sich Chica nicht ohne Grund auch tagsüber so nahe an uns Menschen aufhalten müssen.

Im Laufe ihrer Wanderung zog Chica weiter, vorbei an Bad Kötzting, in ein rund 20 km² großes Waldgebiet am Haidstein. Dort blieb sie fast drei Monate und begann, sich wie ein typischer Luchs zu verhalten: Tagsüber suchte sie felsige Verstecke auf, abends streifte sie entlang von Waldrändern. Endlich gelang es ihr auch, Rehe zu erbeuten.

Doch Anfang August verließ sie das Gebiet erneut. Trotz Hochwasser durchschwamm sie den Fluss Regen und setzte ihre Wanderung nach Westen fort. Nun suchte sie tagsüber häufig Deckung in Maisfeldern. Am 23. August 2002 wurde Chica schließlich zwischen Roding und Cham, etwa 60 Kilometer von ihrem ursprünglichen Fangort entfernt, ein letztes Mal geortet. Seitdem fehlt jede Spur von der jungen Luchsin.

 

Infomaterial

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